Enthaltung oder ungültige Stimmabgabe

Zusätzlich zu den anderen Vorgehensweisen kann sich der Wähler bei der Wahl auch (bewusst) enthalten oder (bewusst oder unbewusst) ungültig stimmen. In der Regel wird dies gemacht, um kundzutun, dass man mit den zur Verfügung stehenden Kandidat_innen nicht einverstanden ist - jedenfalls sofern dies eine bewusste Entscheidung war.

Vorgehensweise seitens des Wählers

Um sich zu enthalten, muss der Wähler lediglich den Wahlzettel ohne Kreuze - weder mit Listen- noch mit Einzelkreuzen - abgeben. Natürlich ist auch hier vorher der Wahlvorschlag nach innen zu falten, damit der Wahlvorstand ncht sieht, wie der Wähler abgestimmt hat. Bei einigen Wahlen zählen Enthaltungen als ungültige Stimmen. Bei der Sitzvergabe und damit der Feststellung des Wahlergebnisses werden sie ignoriert.

Um ungültig zu stimmen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Die Kennzeichnung des (ansonsten leeren oder teilweise ausgefüllten) Wahlzettels mit dem Namen des Wählers macht den Wahlzettel automatisch ungültig. Alternativ kann man auch den Wahlzettel (oder Teile davon) durchstreichen oder anders kenntlich machen, dass man mit dem Wahlvorschlag nicht einverstanden ist (etwa ein großes “NEIN” über das Blatt). Auch hier wird der Wahlzettel ungültig. Auch das Aufführen von weiteren “Kandidaten-Namen” ist in Hessen nicht zulässig. Das gleiche gilt bei einer zu großen Anzahl von Stimmen - hier allerdings oft unabsichtlich.

Konkretes Beispiel

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Der Wähler findet keine geeigneten Kandidaten auf den Listenvorschlägen und fühlt sich auch keiner der Parteien verbunden. Er bekundet das Interesse an der Wahl an sich, gleichzeitig aber den Unwillen über die Kandidaten, durch ein großes “NEIN” diagonal über dem Wahlvorschlag.

Ergebnis der Wählerstimme

Nach Prüfung durch den Wahlvorstand wird festgestellt, dass der Stimmzettel ungültig ist, da der Wille des Wählers (im Sinne von: welche Kandidat_innen oder Listen er wählen will) nicht eindeutig erkennbar ist. Zudem wurden keine Kreuze (Einzel- oder Listenkreuze) vergeben. Der Wahlzettel wird daher der Gruppe “ungültige Stimmen” zugeordnet.

Ungültig bei zu vielen Stimmen - oder doch nicht?

Der Gesetzgeber hat in §20a des Kommunalen Wahlgesetztes Hessens ("KWG §20a”) einige “Reparaturregeln” vorgesehen, mit denen ein potenziell ungültiger Wahlzettel dennoch gültig sein kann. Diese greifen, wenn aus Versehen zu viele Stimmen vergeben wurden—aber nicht in dem vorliegenden Fall. In vielen Fällen kann das Wahlamt—in dem die darin extra geschulten Personen sitzen—damit einen Stimmzettel noch gültig auswerten, obwohl er auf den ersten Blick ungültig zu sein scheint.

Hier die wesentlichen Regeln:

  1. Generell erhalten gestrichene Bewerber keine Stimmen, auch nicht über ein “Listenkreuz” (KWG §20a 1.).
  2. Wurden einer Person mehr als drei Stimmen (explizit) gegeben, z.B. durch mehr als drei Kreuze oder das Eintragen einer Zahl (beispielsweise “5”), so gelten die über drei hinausgehenden Stimmen als nicht abgegeben und werden im Folgenden nicht betrachtet.
    Hat ein_e Wähler_in beispielsweise in unserem Standardzettel bei den drei Kandidat_innen der Liste C jeweils die Zahl “5” eingetragen, so werden diese “fünf” Stimmen auf 3 gekürzt. I. Schneider und K. Müller der Liste C erhielten damit jeweils 3 Stimmen aus dem nun “gültig gemachten” Wahlzettel, die siebte Stimme würde verfallen.
  3. Wurden die Stimmen nur an die Kandidat_innen einer Liste vergeben und dabei die Gesamtzahl überschritten, werden die Stimmen wie folgt “gekürzt”, bis das Maximum erreicht ist:
    1. Als erstes wird—solange nötig bis zum Erreichen der maximalen Stimmenzahl—bei Kandidat_innen mit einem expliziten Stimmkreuz von unten nach oben auf der einzigen gewählten Liste das Kreuz entfernt.
    2. Langt dies nicht aus, wird—ebenfalls solange nötig bis zum Erreichen der maximalen Stimmenzahl—Kandidat_innen mit zwei Stimmen eine Stimme von unten nach oben auf der Liste gestrichen.
    3. Notfalls wird auch bei Kandidat_innen mit drei Stimmen eine Stimme gestrichen.
    4. Langt auch dies nicht, wird gemäß den Regelungen 3.1 und 3.2 weiter verfahren.

Dennoch ungültig sind Stimmzettel—und zwar mit allen Stimmen—in den folgenden Fällen:

  • Der Stimmzettel enthält Zusätze, Vorbehalte oder sonstige Markierungen, wobei Streichungen und Listen-/Einzelkreuze nicht als Zusatz, Vorbehalt oder Markierung gelten.
  • Es wurde mehr als ein Listenkreuz gemacht, gleichzeitig aber entweder keine Einzelstimmen oder zu viele vergeben. Wurden “nicht zu viele” Einzelstimmen vergeben, werden die beiden Listenkreuze ignoriert und entsprechend (potenziell weniger) Stimmen “manuell” vergeben. Wurden z.B. zwei Listenkreuze gemacht und acht von sieben Stimmen durch Einzelkreuze vergeben, ist der gesamte Wahlzettel ungültig, da der Wahlvorstand nicht entscheiden kann, bei welcher Liste mit der Streichung begonnen werden sollte.
  • Es wurden insgesamt zu viele Stimmen, aber verteilt über mehr als einen Wahlvorschlag, vergeben. Hier steht es dem Wahlvorstand ebenfalls nicht zu, zu entscheiden, “bei welchem Wahlvorschlag gestrichen werden soll”.
  • Bei Briefwahl enthält der Wahlumschlag keinen Stimmzettel.
  • Bei Briefwahl enthält der Wahlumschlag mehrere Stimmzettel. Sind alle identisch ausgefüllt oder sind alle bis auf einen leer, so gelten die gesamten Stimmzettel (etwa einer Familie) als ein einziger gültiger Stimmzettel (!). Sind die Stimmzettel unterschiedlich ausgefüllt—egal wie klein die Unterschiede auch sind—, so sind alle Stimmzettel im Umschlag ungültig.
  • Briefwahl-Stimmzettel bleiben übrigens auch dann gültig, wenn der Briefwählende seine Stimme abgegeben hat (Brief eingeworfen/versendet hat) und danach (noch vor dem oder am Wahltag) verstirbt, aus dem Wahlkreis wegzieht oder das Wahlrecht verliert.
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