Gemeindevertretung (GVE)

Die Zusammensetzung, Aufgaben und Zuständigkeiten der Gemeindevertretung sind in §§49-63 HGO festgelegt.

Im Unterschied zum Gemeindevorstand besteht die Gemeindevertretung ausschließlich aus von den Bürger_innen gewählten Personen, die bei der Kommunalwahl auf einer Liste angetreten sind. Die einzelnen Gemeindevertreter_innen müssen dabei keiner Partei angehören (werden dies aber in der Regel tun) und müssen auch nicht auf einer von einer Partei erstellten Liste vertreten gewesen sein - auch rein lokale Wählervereinigungen oder lose Zusammenschlüsse sind möglich. In der Regel organisieren sich die Gemeindevertreter_innen innerhalb der Gemeindevertretung in Fraktionen, um ihre Interessen besser vertreten zu können.

Aufgaben der Gemeindevertretung

Die Aufgaben der Gemeindevertretung regelt §50 HGO. Demnach beschließt die Gemeindevertretung über die Angelegenheiten der Gemeinde, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, oder sie die Beschlussfassung über bestimmte Themen auf einen Ausschuss oder den Gemeindevorstand übertragen hat.

Die Gemeindevertretung überwacht zudem “die gesamte Verwaltung der Gemeinde und die Geschäftsführung des Gemeindevorstands” (§50 (2) HGO). Dies geschieht in der Regel durch das Fragen nach Informationen zu Tagesordnungspunkten in den Sitzungen der Gemeindevertretung, durch schriftliche Anfragen, die Übersendung von Ergebnisniederschriften der Sitzungen des Gemeindevorstands an die Fraktionsvorsitzenden oder im härtesten Fall durch einen Akteneinsichtsausschuss. Die Übersendung der Ergebnisniederschriften erfolgt nicht generell, sondern nur, falls die Gemeindevertretung hierüber zuvor beschlossen hatte (dann aber “dauerhaft”). Zusätzlich ist der Gemeindevorstand zur laufenden Unterrichtung der Gemeindevertretung über “wichtige Verwaltungsangelegenheiten und wichtige Anordnungen der Aufsichtsbehörde” verpflichtet. Der letzte Punkt betrifft beispielsweise Genehmigungsvorbehalte und -vermerke der Kommunalaufsicht zum Gemeindehaushalt.

Zuständigkeiten der Gemeindevertretung 

§51 HGO regelt die ausschließlichen, nicht übertragbaren Zuständigkeiten der Gemeindevertretung. Ich versuche hier nicht, die insgesamt 19 Punkte komplett wiederzugeben, sondern beschränke mich auf die besonders praktisch relevanten Elemente:

  • die allgemeinen Grundsätze, nach denen die Verwaltung geführt werden soll (§51 1.),
  • die aufgrund von Gesetzenden von der Gemeindevertretung vorzunehmenden Wahlen (§ 51 2.),
  • die Änderung der Gemeindegrenzen (§51 4.),
  • den Erlass, die Änderung und Aufhabung von Satzungen (§51 6.),
  • den Erlass der Haushaltssatzung und die Festsetzung des Investitionsprogramms (§51 7.)
  • die Festsetzung öffentlicher Abgaben und privatrechtlicher Entgelte, die für größere Teile der Gemeindebevölkerung von Bedeutung sind (§51 10.).

Sitzungen

Im Unterschied zum Gemeindevorstand sind die Sitzungen der Gemeindevertretung generell öffentlich. Zu einzelnen Themen kann gegebenenfalls die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden; dies muss aber vorher in einer nicht-öffentlichen oder öffentlichen  Sitzung begründet, beraten und entschieden werden. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist beispielsweise bei der Beschlussfassung über Ehrenbezeichnungen (“Ehrenbürger”) denkbar, um zu vermeiden, dass im Fall einer fehlenden Zustimmung die zur Ehrung gedachte Person öffentlich herabgewürdigt wird. Auch bei nicht-öffentlichen Beschlüssen sollen diese, “soweit dies angängig ist” (§52 (2) HGO), nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden.

Sofern mehr als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter_innen anwesend ist, ist die Gemeindevertretung beschlussfähig. Das “mehr als” ist hier keine besondere Beschränkung, da die Größe ohnehin eine ungerade Zahl sein muss (siehe §38 HGO), es also “die Hälfte” per Definition nicht geben kann. Falls Personen während der Sitzung diese verlassen, gilt weiterhin die Beschlussfähigkeit, bis per Antrag auf Feststellung der Beschlussunfähigkeit erneut nachgezählt wird.

Anträge, über die aufgrund von Beschlussunfähigkeit kein Beschluss gefasst werden konnte, werden bei einer erneuten Sitzung zu diesem Thema erneut aufgegriffen. Zu diesen Themen ist die Gemeindevertretung dann unabhängig von der Anzahl anwesender Personen beschlussfähig; hierauf ist aber bei Einladung gesondert hinzuweisen. Eine letzte Ausnahme ist die Verhinderung aus gesetzlichem Grund; trifft dies mehr als die Hälfte der Gemeindevertreter_innen, so ist der anwesende “Rest” ohne Rücksicht auf die Anzahl in jedem Fall beschlussfähig.

Abstimmungen

Die Beschlüsse der Gemeindevertretung werden in aller Regel mit einfacher Mehrheit der Ja-Stimmen gefasst. Sofern also mehr Personen mit “Ja” als mit “Nein” stimmen, ist der entsprechende Antrag angenommen. Anders gesagt: die Anzahl der Enthaltungen oder gar ungültiger Stimmen spielt keine Rolle; stimmen beispielsweise zwei Personen einem Antrag zu und nur eine Person stimmt dagegen, so ist dieser Antrag angenommen - auch wenn die große Mehrheit der Gemeindevertreter_innen sich enthalten oder ungültig gestimmt hat. Zusätzlich gilt, dass bei Gleichheit der Ja- und Nein-Stimmen der Antrag abgelehnt ist, da er ja nicht die “einfache Mehrheit” erreicht hat.

Generell sind geheime Abstimmungen - außerhalb von Wahlen - ungültig. Eine Sonderform der eher entgegengesetzten Art ist die namentliche Abstimmung. Hier wird jede_r (anwesender_r) Gemeindevertreter_in namentlich aufgerufen und gibt seine Stimme ab; die Stimmabgabe wird zudem namentlich der Ergebnisniederschrift festgehalten.

Die Mitglieder des Gemeindevorstands nehmen nach §59 HGO an jeder Sitzung der Gemeindevertretung teil, auch wenn sie selbst kein unmittelbares Rederecht haben. Dieses wird ihnen auf Wunsch durch Zustimmung des_r Bürgermeister_in erteilt; der_die Bürgermeister_in hingegen darf jederzeit das Wort erhalten.

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